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Recherche

Bild: Picture-Factory / stock.adobe.com

Recherche

Ein wesentlicher Grund für das Entstehen dieses Webauftritts sind die vielfach unrichtigen Aussagen, die im Zusammenhang mit vegetarischer oder veganer Ernährung aufgestellt werden, von Vegetariern ebenso wie von Befürwortern des Fleischkonsums. Da verlässt sich der eine oder andere Autor schon eher auf die Quelle, die zu seinen Überzeugungen passt, als auf eine Studie, die eigene Ansichten nicht unterstützt oder ihnen widerspricht. Einige interpretieren die Quellen auch frei, verstehen sie falsch oder zitieren nicht korrekt. Manche stellen ganz einfach wilde Behauptungen auf.

Das Hauptproblem ist jedoch die simple Tatsache, dass Recherche viel Zeit in Anspruch nimmt. Auf der Website XY finden sich die gewünschten Angaben, sogar mit Quellenangaben – warum also nicht einfach dort abschreiben (manchmal Wort für Wort) und sich zufrieden zurücklehnen? Das ging aber schnell! Man übernimmt so zwar die Fehler, doch hey, es ging schnell!

Der ursprüngliche Text wäre in dieser Situation wegen der Quellenangaben tatsächlich nützlich, wobei man sich beim Studium der Quelle (oder der Quelle der Quelle) dann mitunter etwas wundert. Aus „70 % aller landwirtschaftlichen Nutzflächen sind Weideland“ wird manchmal selbst in seriösen Arbeiten schon mal der falsche Schluss gezogen, dass 70 % aller landwirtschaftlichen Nutzflächen für die Nutztierhaltung verwendet werden (in Wirklichkeit ist es natürlich mehr, weil Futtermittel nun mal auf Äckern wachsen und nicht auf Weideland). 500 g Methan verwandeln sich so auch mal in 500 l (das Volumen ist jedoch abhängig vom Luftdruck und der Temperatur, weshalb eine derartige Angabe aus Prinzip stutzig macht). Das sind Fehler, die passieren können, sogar gestandenen Journalisten.

Uns interessieren Fakten, dank derer wir die eigenen Artikel so neutral wie möglich schreiben können. Als Quellen kommen offizielle Statistiken, staatliche Berichte oder solche von weltweit tätigen Organisation der UNO, UNESCO usw., offizielle Zusammenfassungen und die wissenschaftlichen Untersuchungen selbst in Frage (soweit für Laien einigermassen verständlich), seltener Texte seriöser Tageszeitungen und Magazine, sofern die darin enthaltenen Behauptungen beispielsweise durch Interviews mit Fachleuten gestützt werden. Falls verfügbar, verlassen wir uns nicht auf eine Quelle, sondern prüfen mehrere. Dabei zeigen sich dann öfters deutliche Unterschiede in den einzelnen diesen Texten zu Grunde liegenden Studien. Ursachen dafür sind vielleicht reiner Zufall oder verschiedene Berechnungsgrundlagen. Nicht von der Hand weisen lässt sich jedoch leider die Tatsache, dass manche Forschungsergebnisse eher die Interessen der Geldgeber widerspiegeln als die Fakten. In der Schweiz bietet der Bund erfreulicherweise gute, wenn auch grundsätzlich in ihren Auslegungen vergleichsweise konservative Quellen – der veganen Ernährung steht man von offizieller Seite aus beispielsweise noch kritisch gegenüber. Das ist aber bei näherer Betrachtung durchaus verständlich. Sie ist anspruchsvoll und nur denjenigen anzuraten, die bereit sind, sich tiefer mit Lebensmitteln, Nährwerten und Mikronährstoffen auseinanderzusetzen. Sonst droht wirklich Mangelernährung. Eine besondere Rolle spielen Konsumentenmagazine wie Saldo und Ktipp, da sie unabhängige Stichproben professionell auswerten lassen (z. B. im Zusammenhang mit Geflügel und dessen Belastung) und oft Verbandelungen der Behörden mit der Lebensmittelindustrie aufzeigen. Die Lobbies haben leider auch in der Schweiz zu viel Einfluss auf die Gesetzgebung und Höchstwerte.

In der Theorie wären die einzelnen Einträge auf Wikipedia eine gute Quelle, weil dort an sich wissenschaftliche Ansprüche gestellt werden. Sind Behauptungen nicht ausreichend belegt, werden sie gekennzeichnet. Die Mehrzahl der Beiträge konnte sich tatsächlich schon vor mehr als 10 Jahren mit den „gestandenen“ Lexika wie Meyer oder Brockhaus messen: In einem damals angestellten Vergleich einiger willkürlich ausgewählter Stichwörter erhielt Wikipedia die besseren Noten (spätere Tests haben dasselbe Ergebnis gezeigt). Ungewollt hat „die freie Enzyklopädie“ so das Sterben anderer wichtiger deutschsprachiger Lexika verursacht. Microsoft Encarta, Brockhaus und Meyer (schon 1984 von Brockhaus aufgekauft, wurde als Marke trotzdem beibehalten) sind von der Bildfläche verschwunden. Werbefinanzierte Online-Angebote sind ebenfalls gescheitert (Meyer war für ein paar Jahre bis 2009 mit ausgewählten Artikeln online; mit Brockhaus kam man nie über das Planungsstadium hinaus). Als verhältnismässig teurer „digitaler Wissensservice“ für Schulen, Unternehmen und Bibliotheken, aber auch für Journalisten, wird jedoch der Brockhaus für Private nicht zugänglich weitergeführt. Wikipedia ist im deutschsprachigen Raum somit praktisch konkurrenzlos. Das ist nicht nur schade, sondern ein Problem, weil der grösste Vorteil zugleich der grösste Nachteil ist: Jeder kann mitmachen, wobei (theoretisch) nur fachlich korrekte, gut gesicherte Einträge Bestand haben. Für höhere Qualität sorgen ebenfalls heftige Diskussionen in internen Foren. Dass alle mitarbeiten können, bedingt, dass viele jener, die scheinbar unentgeltlich Artikel verfassen oder bearbeiten, in Wirklichkeit dafür von jemand anderem bezahlt werden; von Interessengruppen, Unternehmen und Vereinigungen. Ihre Aufgabe ist klar definiert: Die Inhalte so anzupassen, dass sie im Mäntelchen der neutralen Information politische oder wirtschaftliche Absichten unterstützen. Wikipedia geht dagegen vor: Immer wieder berichtet die Presse von gesperrten Konten etc. Besonders aktiv sei übrigens die Pharmaindustrie in dieser Hinsicht. Bemängelt werden von verschiedener Seite die Machtstrukturen und eine Klüngelbildung der Administratoren, die Korrekturen verhinderten, selbst bei offensichtlichen Falschaussagen. Ein weiteres, für uns jedoch nicht relevantes Problem sind Artikel, die ich freundlich „Ego-Trips“ nenne, weil sie zumindest meiner Ansicht nach nicht in erster Linie dazu dienen, einem Leser Wissen zu vermitteln, sondern eher aufzeigen sollen, über welch enormes Wissen der Verfasser doch verfügt. Wow! Der Nutzer soll in Ehrfurcht erstarren vor einem Eintrag, der so unnötig kompliziert ist und mit Fachbegriffen vollgestopft, dass er für den Laien völlig unverständlich bleibt (diese Artikel scheinen allerdings etwas seltener geworden zu sein, wenigstens in dieser Ausprägung). Irrtümer allgemein lassen sich ohnehin nie vermeiden; das galt selbst für die grossen Lexika. Doch nur, wer sich in einem Thema gut auskennt oder seriös anderweitig recherchiert, kann Fehler und werbende oder bewusst meinungsbildende Einträge tatsächlich erkennen. Wikipedia ist für uns höchstens Anlaufstelle, um uns einen ersten, groben Überblick zu verschaffen. Wissen für den Hausgebrauch kann man durchaus dort nachschlagen, aber sobald es um Themen wie Gesundheit und Ernährung geht, sollten Sie auch für private Zwecke tiefer (und anderswo) graben.

Gerade Informationen zu diesem Bereich gibt es zu Hauf im Internet, unzählige Seiten, die zum grossen Teil einigermassen korrekt informieren. Im Schnitt sind sie allerdings eher flach und betonen meistens die Vorteile der eigenen Ernährungsvorlieben. Oft genug sind sie sogar grundfalsch. Ein Heilpraktiker und Ernährungsberater schreibt beispielsweise, dass „wer neben pflanzlichen Lebensmitteln auch Milchprodukte oder Hülsenfrüchte zu sich nehme“ eine ausreichende Eiweissversorgung erreichen könne; im fraglichen Text laufen die Hülsenfrüchte grundsätzlich unter „andere Lebensmittel“ als den vegetarischen. Ein weiterer Heilpraktiker und Ernährungsberater (die Kombination ist überraschend häufig) besteht darauf, dass man zwingend Eier essen müsse, um dem drohenden Eiweissmangel zu entgehen. Einige aus demselben Bereich sind noch witziger, wenn man davon absieht, dass manche Leute glauben, was dort steht.

Auch eine allgemein bekannte Suchmaschine gibt den Eiweissgehalt von 100 g Tofu im praktischen Infokästchen neben den Suchresultaten mit 8 g wieder, den von Seitan mit 75 g. Als Quelle ist in beiden Fällen die USDA angegeben (United States Department of Agriculture), in deren Datenbank sich für Tofu jedoch korrekte Angaben finden lassen (12 - 17 g, je nach Hersteller). Seitan findet man als solchen in der US-Datenbank nicht, sondern lediglich „Vital wheat gluten“, wobei es sich offensichtlich um ein extrem eiweissreiches Produkt handelt. Normaler Seitan enthält aber allerhöchstens um die 50 g Eiweiss auf 100 g, meist deutlich weniger.

Wie gesagt, wir stützen uns vor allem auf offizielle Quellen, was natürlich nicht zwingend bedeutet, dass deren Aussagen immer richtig sind. Wir glauben allerdings, dass man nicht übertreiben muss, um vegetarische Ernährung gut dastehen zu lassen. Ein einfaches Beispiel ist die Lebenserwartung von Rindern, im fraglichen Text ein eher unwichtiges Detail. In der Urania steht dazu simpel und korrekt, dass die von Rasse zu Rasse stark abweichen kann. In anderen Quellen finden sich Werte um die 20 Jahre, auf vielen Tierschutz- und Vegi-Websites jedoch Zahlen von 30 bis 50 Jahren. Im Gedächtnis hatte ich 25 Jahre, eines jener völlig zusammenhanglosen Informationsschnipsel, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen haften bleiben. Also habe ich mich im Text für „mindestens 20 Jahre“ entschieden, die konservativste Schätzung um ein „mindestens“ erweitert. Für den vorliegenden Artikel „Den Tieren geht’s doch gut“ lohnt es sich nicht wirklich, die theoretische Lebenserwartung der verbreitetsten Rinderrassen aufzuzeigen – der Artikel würde nur unnötig lang und seinen eigentlichen Zweck als Gegenargument verfehlen. Zudem ist die konservativste Schätzung vermutlich die realistischste, so ähnlich, wie man die Lebenserwartung eines Menschen durchaus berechtigt mit 120 Jahren angeben könnte, sehr, sehr theoretisch und in der Realität derzeit nicht zu erreichen. In den meisten anderen Fällen sind wir deutlich genauer und wühlen uns für eine einzige Zahl schon auch mal durch hunderte von Seiten (wobei mir hin und wieder der Begriff „Verhältnisblödsinn“ durch den Kopf schwirrt). Aber 50 Jahre klingt viel sensationeller als 20; da werden einem Rind mindestens 96 Prozent seiner Lebenszeit geraubt, weil es so jung bereits auf dem Teller landet. Nur sind wir der Ansicht, dass weder wir noch die vegetarische / vegane Ernährung solche „Sensatiönchen“ nötig hat. Stattdessen wählen wir die Fakten, an denen nicht zu rütteln ist. Im Rinderbeispiel kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob ein Rind nun 20 oder 50 Jahre alt werden könnte – am Prinzip ändert sich dadurch nichts.

Natürlich ist es nicht auszuschliessen, dass auch uns Fehler unterlaufen; wir nehmen jedoch die Recherche ernst, damit sich unsere Leser auf die hier vorgestellten Informationen verlassen können. Das ist unser Anspruch und gleichzeitig ein Versprechen an Sie. Selbst, wenn es bei einigen Themen in viel Arbeit ausartet, die zumindest manchmal an „Verhältnisblödsinn“ grenzt.